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Mit E-Kanban wird das MES zum Supermarktregal

Mit E-Kanban wird das MES zum Supermarktregal

Syncos 28.02.19 13:00

Werkstücke auf Vorrat produzieren, die sich dann an der Fertigungsstraße stapeln, bis sie verbaut werden? In der heute so minutiös durchgetakteten industriellen Produktion findet sich ein solch unwirtschaftliches Handeln nur noch selten. Zu verdanken ist dies modernen Just-in-time-Konzepten, zu deren Ausprägungen auch Kanban gehört. Inzwischen hat die Digitalisierung das Rad weitergedreht: E-Kanban als moderne Methode des Lean Manufacturing lässt sich gut mit Manufacturing Execution Systemen (MES) verbinden.

Kanban ist ein aus Japan stammendes Verfahren der Produktionsplanung und -steuerung sowie Fertigungssteuerung, das Anfang der 60er Jahre als Teil des Toyota Produktionssystems entwickelt wurde. Die Produktion wird dabei nach dem Pull-Prinzip erst durch den Bedarf nachgelagerter Fertigungsstufen ausgelöst, also auf Abruf. Man orientiert sich am tatsächlichen Verbrauch von Materialien am Ort der Bereitstellung und des Verbrauchs. Das Ganze erinnert an einen Supermarkt: Die Kundin entnimmt dem Regal, was sie benötigt und der Lagerist füllt die entstandene Lücke wirtschaftlich sinnvoll wieder auf – eine lupenreine klare Just-in-Time-Philosophie. In der Produktion soll sie lokale Materialbestände von Vorprodukten in und nahe der Produktion reduzieren – und damit Zins- und Lagerkosten. Instrumente dafür sind sogenannten Kanban-Karten und -Behälter mit den Produktionsgütern. Sind die Behälter leer, wird dies dem produzierenden Arbeitsgang in Form der Karte mitgeteilt. Das entnommene Material wird nachproduziert bzw. vom Lieferanten/Lager nachgeliefert; das „Supermarkt-Regal“ ist wieder voll.

Kanban und seine Grenzen

Fertiger können durch Selbstregelung per Kanban ihren Planungs- und Steuerungsaufwand reduzieren und die Reaktionsfähigkeit ihrer Produktion erhöhen. Solange das Ganze allerdings ohne Verknüpfung zur Unternehmens-Software stattfindet (also zum ERP-, PPS- oder MES-System), tun sich Schwachstellen auf. Diese hat auch die Zeitschrift IT & Production gut beschrieben: Generell leidet die Transparenz. Zum einen was den wirklichen Materialverbrauch betrifft, denn Kanban-Produktionsgüter werden erst verzögert in den IT-Systemen abgebucht. Außerdem ist die tatsächliche Auslastung von Produktionskapazitäten durch Kanban-Aufträge schwer einsehbar, wenn diese nämlich belastet, aber nicht verbucht werden. Auch können Kanban-Aufträge die Planung der Produktion mit Aufträgen aus nicht Kanban-gesteuerten Gütern durcheinanderbringen. Schwierigkeiten bereitet auch regelmäßig die Rückverfolgbarkeit (Traceability) – eine der Kernfunktionen eines MES.

Der Schritt zu E-Kanban

Inzwischen ist die Informationstechnologie in der industriellen Produktion allgegenwärtig, von der betriebswirtschaftlichen Planung im ERP-System über die Produktionssteuerung mit PPS-Lösungen bis hinunter auf die Ebene von MES in der konkreten Fertigung. Folgerichtig ist es daher, das ursprünglich manuelle Kanban durch eine elektronische Variante zu ersetzen. Materialflüsse lassen sich dadurch vollständig automatisieren. Ein Technologiesprung, der erhebliches Einsparungspotenzial birgt, was sich insbesondere in der Automatisierung der logistischen Prozesse ausdrückt. Menschliche Fehler bei der Übertragung werden damit so gut wie ausgeschlossen.

Elektronische Kanban-Prozesse werden üblicherweise auf der Software-Ebene des „Manufacturing Operations Management“ aufgesetzt. Genau dort sind bereits MES-Systeme für die Datenerfassung und Fertigungssteuerung implementiert. Das hat den Vorteil, dass die für E-Kanban erforderliche Infrastruktur wie Terminals, Barcode-Scanner und RFID-Schreib-/Lesegeräte bereits vorhanden ist. So werden E-Kanban-Lösungen normalerweise mit dem bereits vorhandenen ERP, PPS oder MES verbunden, um Bestellvorgänge und Transportaufträge zu automatisieren.

Der Arbeitsablauf mit E-Kanban

Im MES werden die bekannten Kanban-Karten und -Behälter zu elektronischen Kanban-Tafeln. Die Nachbestellung der Produktionsgüter läuft beim E-Kanban über einen Trigger, das so genannte E-Kanban-Signal. Ist ein Behälter mit Verbrauchsgütern an der Montagelinie leer, empfängt die Lösung per RFID-Technik ein Signal und stößt über WLAN in der Folge die Bestellung eines vollen Behälters im Lager an. Dabei werden sogenannte Kanban-Karten eingesetzt. Sie enthalten einen Barcode, über die der Verbrauchsstatus eines Produktionsgutes festgehalten wird. Lautet dieser „Nachproduktion“, wird der Bestellvorgang beim Lieferanten bzw. Lager ausgelöst; bei Wareneingang ändert er sich durch erneutes Abscannen wieder auf „vorhanden“.

Durch die Integration der Kanban-Systematik in bestehenden PPS bzw. MES können Unternehmen ihre Lieferketten mit entfernten Standorten und Zulieferern über das Internet optimal steuern. Sie kontrollieren über die Software die Materialabrufe beim Lieferanten/beim Lager, reduzieren ihre Lager- und Produktionsbestände auf das erforderliche Mindestmaß und senken dadurch Kapitalbindungskosten. Auch die gesamten Prozessabläufe lassen sich im MES hervorragend visualisieren, indem Regelkreise, Quellen, Senken und Pufferlager grafisch dargestellt werden. Das schafft höhere Transparenz über den aktuellen Auftragsfortschritt, über die Belastung von Produktionskapazitäten durch Kanban-Aufträge und die Rückverfolgbarkeit eingesetzter Materialien Der Fertiger kann Engpässe oder sonstige Probleme viel eher erkennen und entsprechend reagieren.

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Im Zuge von Industrie 4.0 vernetzen sich heute Fertigung und Materialfluss immer stärker. E-Kanban ermöglicht vor diesem Hintergrund mehr Autonomie in der Produktion in Verbindung mit besserer Übersichtlichkeit, Reaktionsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit. Mit der Rolle, die MES hierbei spielen, hat sich auch der VDMA in einem Whitepaper näher beschäftigt.